MSL Insights Online Session vom 5. Oktober 2020

Im Gespräch mit Matthias Deiß und Patrick Weinhold

Wie kann man die eigene Marke über Social Media stärken und neue, jüngere Zielgruppen erschließen? Und wie kann man komplexe Themen so erzählen, dass sie in sozialen Netzwerken Menschen begeistern? Diesen Fragen von Birgit Söllner und Mischa Heuer stellten sich in der jüngsten MSL Insights Session Patrick Weinhold, Social Media Chef der Tagesschau und Matthias Deiß, Redaktionsleiter des ARD-Magazins Kontraste.

Am Anfang, so Deiß und Weinhold, stehe die Überzeugungsarbeit. Mitarbeiter müssten auf dem Weg in die sozialen Medien mitgenommen, Ängste abgebaut werden. Denn: „Die Angst zu scheitern oder die Angst vor Mehrarbeit ist groß“, sagt Matthias Deiß. Das müsse man ernst nehmen. Die Tagesschau, erzählt Patrick Weinhold, habe sich beispielsweise bei der Konzeption des TikTok Accounts frühzeitig mit den Sprechern hingesetzt und Ideen entwickelt. Schließlich müssten die sich anschließend vor die Kamera stellen und die Themen glaubwürdig verkaufen. Genau das habe aber eine Dynamik freigesetzt: „Viele Ideen für TikTok-Videos kommen von unserem Chefsprecher Jan Hofer selbst.“

Mit 22 Millionen Interaktionen pro Monat und rund drei Millionen Followern in der jungen Zielgruppe auf Instagram und TikTok ist die Tagesschau unter den Nachrichtenanbietern absoluter Spitzenreiter in den sozialen Medien. Und auch Kontraste nutzt seit 2018 soziale Medien konsequent zur Markenbildung und schaffte so den Sprung vom letzten Platz unter den ARD-Magazinen auf den ersten Platz.

Teil des Erfolgsrezepts: „Dank unseres intensiven Community Managements sind wir nah mit dem Ohr an der Schiene und haben ein gutes Gefühl dafür, was die Menschen da draußen wirklich umtreibt“, sagt Patrick Weinhold. „Wenn wir ein Thema haben, das zunächst sperrig erscheint, dann muss es unser Anspruch sein, das Thema so runterzubrechen, dass unsere Zielgruppen damit etwas anfangen können – und nicht das Thema fallen zu lassen.“ Personalisierung durch PresenterInnen sei dabei ein wichtiges Mittel, um gerade mit jungen Zielgruppen auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Der Erfolg hat aber auch seinen Preis: Bis zu 30.000 Mal werden die Posts der Tagesschau täglich kommentiert, virale Videos bei Kontraste oft sehr kontrovers diskutiert. Hatespeech und Troll-Angriffe sind ein Dauerthema. Dieser Flut müsse man Herr werden, sagen die Programmmacher, etwa durch Extraschichten oder Tools, die Kommentare vorfiltern. Gleichzeitig raten sie aber auch zu Gelassenheit: Nicht jeder kritische Kommentar sei mit einem Shitstorm zu verwechseln, viele User wollten gar nicht diskutieren, sondern einfach nur mal Dampf ablassen.

Zu spät, so sagt Matthias Deiß, sei es für den Einstieg in die sozialen Medien jedenfalls nie. Wir haben 2018 erst richtig losgelegt und haben immer noch relativ kleine Accounts, aber regelmäßig immer wieder virale Hits mit Millionenreichweite. Man kann also relativ schnell große Erfolge feiern.

Matthias Deiß

Redaktionsleiter des ARD-Magazins Kontraste

Wir haben 2018 erst richtig losgelegt und haben immer noch relativ kleine Accounts, aber regelmäßig immer wieder virale Hits mit Millionenreichweite. Man kann also relativ schnell große Erfolge feiern.

Wir sezieren jedes Thema ganz genau und ganz am Anfang, und entscheiden über die passenden Ausspielwege online und offline.

Die größte Chance für Corporate Social Media liegt darin, statt Produktwerbung eigene Inhalte und Sichtweisen zu kommunizieren, auch in Krisensituationen.

Auf Pressemitteilungen gucken wir eigentlich kaum noch. Interessant sind spezifische Sichtweisen und gut gestellten Fragen ans eigene Unternehmen.

Wir diskutieren mit allen, die dafür offen und erreichbar sind. Es gibt aber jede Menge Leute auf Social Media, die gar nicht überzeugt werden können oder wollen.

Patrick Weinhold

Social Media Chef der Tagesschau

Ein Teil unseres Erfolgsrezepts: Dank unseres intensiven Community Managements sind wir nah mit dem Ohr an der Schiene und haben ein haben ein gutes Gefühl dafür, was die Menschen da draußen, für die wir diese Themen produzieren, wirklich umtreibt

Wenn wir ein Thema haben, was zunächst sperrig erscheint, dann muss es unser Anspruch sein, das Thema so runterzubrechen, dass unsere Zielgruppen damit etwas anfangen können. Und nicht das Thema fallen zu lassen.

PresenterInnen können Kommunikation auf Augenhöhe sehr viel einfacher erzeugen, als wenn man beispielsweise mit einem grafischen Erklärvideo arbeitet. Für uns sind deshalb Gesichter vor der Kamera gerade für ein junges Publikum sehr wichtig.

Bei Fragen zum Thema kontaktieren Sie bitte:

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